Donnerstag der
07.06.07![]() ![]() |
Heute geht’s in den Iran. So früh am
Morgen sind wir die einzigen auf der
Straße. Erst in Bereich der Grenzanlage
stehen kilometerlange LKW-Schlangen in zwei bis
drei Spuren. Wer sich das mal auf google earth
ansehen will, die Grenzstation findet er bei
39,32 Grad Nord und 44,06 Grad Ost. Für uns mit unserem Bus dauert die
Ausreisekontrolle nur eine knappe halbe Stunde.
Nicht vergessen, das Auto muss wieder aus dem
Reisepass ausgetragen werden. Dann öffnen
sich zwei hohe Rollgitter und wir sind auf
Iranischer Seite. Hier stehen wir als dritter in der
Abfertigungsreihe. Es dauert. Nichts geschieht.
Allmählich treffen andere Passanten ein. Die
meisten zu Fuß, die Reisebusse werden extra
abgefertigt. Noch immer macht keiner Anstalten
uns abzufertigen. Da erscheint ein gut
gekleideter Herr. Mich erinnert er an den
jüngeren Roy Black: große Augen,
schwarze Haare, Kinngrübchen, Dreitagebart
und immer ein breites, gewinnendes Lächeln
im Gesicht. Er begrüßt uns mit Handschlag
lässt sich unsere Pässe
aushändigen und nun geht alles sehr flott.
Die Zollkontrolle ist ein Witz, keine Frage nach
Alkohol, keine nach pornographischer
Literatur. Hinter uns, vier Iraner aus Holland,
müssen ihren ganzen Wagen ausleeren. Die
Bearbeitung unserer Papiere, einschließlich
des Carnet`s de Passage, dauert höchstens 30
Minuten. So ein Carnet ist die Bescheinigung
dafür, dass wir den materiellen Wert unseres
Fahrzeuges bei einer Bank hinterlegt haben.
Sollten wir aus irgendeinem Grund das Land ohne
unser Auto verlassen wollen, ist der Staat Iran
berechtigt das Geld einzuziehen. So will man
scheinbar dem Fahrzeugschmuggel entgegenwirken.
Die Ausstellung dieses Papiers in Deutschland
erledigt der ADAC. Am Ende der ganzen Prozedur zwängt
„Roy“ sich neben Günter auf den
Beifahrersitz und wir fahren gemeinsam an langen
LKW Kolonnen vorbei zum letzten Kontrollpunkt.
Unterwegs winken uns zwei Fahrradfahrer mit
lautem Hallo zu. Zwei Deutsche auf den Weg aus
dem Iran in die Türkei. Es gibt noch andere
verrückte Leute auf der Welt. Am letzten Kontrollpunkt werden nochmals die
Pässe in Augenschein genommen, noch ein
Stempel, der letzte Schlagbaum hebt sich und wir
sind im Iran! Roy Black steigt aus dem Wagen, streckt die
Hand durch das geöffnete Fenster und mit
gewinnendem Lächeln, wie wir nicht anders
von ihm gewohnt, verlangt er 100 Dollar! Ein Aufschrei von Günter und mir. „Oh, this is normal.“ Noch ein Aufschrei. Roy geht auf neunzig Dollar runter, uns ist
das immer noch viel zu viel. Wir einigen uns
schließlich auf 30 Dollar. Günter
kramt das Geld aus irgendeinem Versteck im Auto
und übergibt es Roy. Der nimmt sie, bedankt
sich höflich mit Handschlag bei uns und
geht. Natürlich haben wir ihm zuviel Geld
bezahlt, zumal von Bezahlung vorher keine Rede
war, wir ja nicht mal wussten, dass der
freundliche junge Mann ein freiberuflicher
Schleuser war. Andererseits sind so schnell durch
die Zollabfertigung gekommen wie keiner von uns
sich je hätte träumen lassen.
Außerdem bin ich sicher: der arme Roy wird
noch einiges bei seinen uniformierten Freunden
abdrücken müssen. Wer als Tourist in den Iran reisen will,
braucht eine Einladung. Nicht anders als
umgekehrt jeder Iraner der nach Deutschland will
eine Einladung braucht. Wer niemanden kennt, der ihn einlädt, der
kann sich auch zwei Nächte in einem Hotel
buchen. Diese Hotelbuchungen werden als Einladung
akzeptiert. Für die Türkei gelten solche
Vorschriften übrigens nicht. Wer Zeit hat,
der kann sich also sein Iranvisum in Ankara oder
Istanbul ausstellen lassen und braucht auch als
Deutscher keine Einladung vorzuweisen. Solche speziellen Vorschriften für
verschiedene Staaten gibt es genug und wer Geld
sparen will, besorgt sich seine Visa erst vor
Ort, im jeweiligen Nachbarland. Da sind diese
Vorschriften in der Regel weniger streng. Das
nimmt aber immer Zeit in Anspruch. Die
Ausstellung der Visa geht in anderen Ländern
eher langsamer als bei uns. Da für uns Zeit und Planungssicherheit
eben doch eine Rolle spielen, blieb uns nur der
Weg über die Hotelbuchungen. Es ist nachher
im Iran übrigens einerlei ob
tatsächlich die Nächte in diesen Hotels
verbracht werden oder nicht. Wir haben uns entschlossen, die erste Nacht
und die letzte Nacht unseres Iranaufenthaltes im
Hotel zu verbringen. Dazwischen liegen 6 Tage.
Alle sechs Tage mal wieder anständig Duschen
und in einem richtigen Bett schlafen, vielleicht
auch die schmutzige Wäsche waschen, scheint
uns angebracht, wenn man die anderen Nächte
in freier Wildbahn, also fernab jedes geregelten
Campingplatzes verbringt. Auf der direkten Transitroute Türkei Iran
Turkmenistan liegen im Iran drei Städte:
Tabris, Teheran, Mashad. Alle drei wollen wir
besuchen aber dazwischen kleine Abstecher abseits
der Transitroute machen. In Tabris und Mashad haben wir eine
Hotelübernachtung gebucht. Also, die erste Nacht in Tabris. Tabris ist
eine Viermillionenstadt und daher auch für
deutsche Verhältnisse eine Großstadt.
Von der Grenze ist die 350Km entfernte Stadt
über die 30E bequem zu erreichen. Die
Beschilderung auf unserer gesamten Transitstrecke
hier durch den Nordiran ist entweder in zwei
Schriften oder es folgen zwei Schilder
nacheinander, eines in Persisch und das andere in
unseren Buchstaben. Viele kleinere Orte an der 30E haben eine
Umgehungsstrasse die mit `Ring Road`
ausgeschildert ist. Die Fahrt direkt durch den
Ort dauert Zeit, macht allerdings viel
Spaß, man kann sich schon langsam auf die
iranische Fahrweise einstellen und die asiatische
Lebensweise kennen lernen. Asiatische Lebensweise
heißt: keine strickte Trennung zwischen
Wohn- Gewerbe- und Einkaufsbezirke wie bei uns,
sondern alles zusammen spielt sich an den
Hauptstrassen der mittelgroßen Ortschaften
ab. Die unteren Etagen der Häuser dienen dem
Handel und Handwerk, in den oberen Etagen oder im
hinteren Hausbereich wohnt man. Der
Bürgersteig, falls es so etwas gibt, wird in
den Gewerbe- Wohnbereich einbezogen und das ganze
dehnt sich sehr schnell auch mal auf die Fahrbahn
aus. Natürlich gibt es keine Zebrastreifen,
Fußgänger kreuzen die Strasse wo sie
wollen, Fahrrad- und Motorradfahrer benutzen auch
die Gegenspur, zum Überholen wird schnell
mal eine dritte Spur eröffnet. Das ganze
geschieht unter andauerndem Gehupe. Im Iran muss
jeder Überholvorgang durch Hupen
angekündigt werden. In diesem Chaos wird
jedem sehr schnell klar, warum die
Unfallhäufigkeit im Iran um 20% höher
liegt als im Weltdurchschnitt. Andererseits liegt
der Iran bei den Unfällen mit
Personenschaden unter dem Weltdurchschnitt, was
wiederum bedeutet, dass es sich hier um
Unfälle mit Blechschäden
handelt. In den Städten ist diese Art des Wohnens
und Arbeitens schon vor langer Zeit dem
orientalisch-arabischen System gewichen. Hier
werden Handel und Handwerk in speziellen
überdachten Straßenzügen ohne
Autoverkehr abgewickelt: dem Bazar. Nur Busse und die großen LKW`s fahren im
Iran mit Diesel. Alles andere mit Benzin. Daher
findet man in den Städtischen und stadtnahen
Tankstellen keinen Dieselkraftstoff. Im Umkreis
von 100 Kilometern um Teheran sollen solche
Dieseltankstellen extrem rar sein. Wenn man sie
nicht kennt, sucht man sich nach ihnen den Tank
leer. Das nervt. Wir haben für diesen Fall
vier 20Liter Ersatzkanister eingepackt, unser Bus
hat nämlich seinen 70Litertank in rund 500
Kilometern aufgebraucht. Auf dem Weg von der Grenze bis nach Tabris
finden wir die Welt doch noch in Ordnung. Es gibt
ausreichend Tankstellen und an jeder ist auch
Dieselkraftstoff zu haben. Dennoch wollen wir auf
Nummer sicher gehen und steuern bald eine
Tankstelle an. Die Prozedur hier ist erstaunlich: Bevor wir
tanken können, müssen wir uns in einem
speziellen Kontor einen Bezugsschein ausstellen
lassen. In einer großen Kladde wird das
Kennzeichen des Fahrzeuges, der Name des Halters,
der Zielort festgehalten. Dann bekommen wir
unseren Schein, der uns berechtigt 20 Liter
Diesel zu kaufen. Jetzt muss man in der
Tankstelle an der Kasse, meist ein einfacher
Schreibtisch in einem leeren Büro, diesen
Schein auszahlen und erhält einen
Ausgabeschein für den Tankwart. Der steckt
den Stutzen in den Tank und lässt laufen.
Dann dreht er sich zu einem anderen Kunden
um. Diese Art der Dieselzapfsäule kennt man
bei uns als LKW-Zapfsäule. Der Stutzen ist
besonders groß und der Kraftstoff
fließt besonders schnell. Schon läuft
die Tankuhr auf über dreißig Liter. Da
der Stutzen nicht selbständig abschaltet
schießt bald ein Schwall Diesel aus meinem
Tank, läuft über die Karosserie und
ergießt sich auf den staubigen Boden, wo
schon jede Menge Diesel eine riesige Lache
bildet. Ich springe hinzu und schalte ab. Der Tankwart nimmt den Stutzen und hängt
ihn ein. Dass wir jetzt mehr Diesel gezapft haben als
gekauft oder Diesel übergelaufen ist,
interessiert ihn nicht weiter. Schließlich
haben wir als Ausländer rund das Doppelte
für den Kraftstoff zu bezahlen als ein
Iraner und das sind umgerechnet satte 9 Eurocent
pro Liter. Die Sache mit den Ersatzkanistern hat einen
Haken: Unsere normalen 5, 10 oder 20 Liter
Kanister aus Kunststoff haben eine zu kleine
Öffnung für der LKW-Tankstutzen. Da
braucht man noch einen Trichter oder wie in
unserem Falle eine leere, abgeschnittene
Wasserflasche, wenn man nicht die schweren
Kanister aus Metall mitschleppen will. |
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„Ihr fahrt durch den Iran? Habt ihr denn
keine Angst? Das ist doch viel zu
gefährlich!“ Das oder Ähnliches
be-komme ich regelmäßig zu hören,
wenn ich jemanden unsere Reiseroute beschreibe.
Vor allem aus der Familie werden solche Bedenken
immer wieder geäußert. Wer allerdings im Internet die Erfahrungen
anderer Iranreisender liest kommt zu einem
anderen Schluss. Der Iran sei ein sicheres,
absolut ungefährliches Reiseland. Trotzdem: auch ich sehe abends die Tagesschau
oder die Heute-Nachrichten und lese ab und zu die
Tageszeitung und bin absolut nicht ohne Unbehagen
bei der Vorstellung durch dieses Land,
(„Achse des Bösen“) zu
reisen. Ich befürchte auf verschreckte,
unterdrückte, niedergeschlagene Menschen,
Fremden gegenüber zurückgezogen und
unaufrichtig oder fanatisierte Islamisten zu
treffen. Spätestens als wir uns durch den Verkehr
in Tabris kämpfen auf der Suche nach dem
Hotel bekommt dieses Weltbild einen Knacks. Die
Hilfsbereitschaft der Menschen ist irgendwie
beschämend. Da kommt ein Fremder, der kein Wort der
eigenen Sprache beherrscht, noch die Schrift
lesen kann verhältnis-mäßig
abgerissen im Vergleich zu den städtischen
Iranern in einem schmutzige Auto daher und, was
so ziemlich das Schlimmste ist in den Augen
Iranischer Autofahrer ist, steht mitten auf der
Straße herum liest eine Karte und hält
dabei den Verkehr auf.. Es dauert nicht lange, ein Fahrzeug hält
neben uns, der Fahrer steigt aus und versucht uns
zu helfen. Er kann die deutsche Karte nicht
lesen, kann Namen und Adresse des Hotels in
unserer Schrift nicht lesen. Gesucht wird
irgendjemand der Englisch spricht. Längst
hat sich eine Traube Menschen um unser Auto
angesammelt. Einer hat Tee aus dem nächsten
Laden mitgebracht und die Polizei ist auch schon
da. Sie interessiert sich für unser Auto was
für Landsleute wir sind „ Alemani?
Good!“ Schließlich nach ausgiebiger
Diskussion fahren zwei junge Männer vor uns
her bis zu unserem Hotel. Nein, die wollen nichts
dafür, sind freundlich und lachen viel.
Überhaupt wird viel gelacht in diesem Land.
Immer wieder die gleiche Situation: Autos
überholen uns, hupen und man winkt uns
lachen zu. Das hatten wir nicht erwartet. Am Nachmittag beschließt Günter ein
Krankenhaus aufzusuchen. Bereits in Anatolien
hatte er sich von einer Ärztin Augentropfen
und Salbe verschreiben lassen, aber das hat nicht
viel genützt. Sein linkes Auge ist dick, rot
und morgens voller Eiter. Da gibt es zwar gegenüber unserem Hotel
in Tabris ein kleines Krankenhaus, aber das hat
um diese Zeit schon zu und eine Notaufnahme gibt
es nicht. Also geht Günter in einen
Fotoladen und fragt nach dem Weg ins nächste
Krankenhaus. Der Inhaber ruft einen Freund mit
englischen Sprachkenntnissen und seinen Bruder
der ihn im Fotoladen vertritt. Gemeinsam machen
die Drei sich im Auto des Ladeninhabers auf die
Fahrt durch die Stadt ins Krankenhaus. Die beiden
warten bis die Untersuchung beendet ist, laden
Günter noch auf einen Tee ein und bringen
ihn anschließend zurück ins
Hotel.
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Freitag, 08.06.07![]() |
Die direkte Transitstrecke durch den Iran
verläuft von Tabris aus über eine
Autobahn nach Teheran. Die etwa 680 Kilometer
kann man bequem an einem Tag zurücklegen.
Die Beschilderung ist wie gewohnt: immer findet
sich ein Schild das wir lesen können, wenn
wir auch ab und zu rätseln, ob dieser oder
jener Name mit dem in unserer Karte verzeichneten
identisch ist. Teheran erscheint auf den
Schildern hier z.B. als Tehran. Die Autobahn kostet Gebühren. Sie ist
daher nicht annähernd so stark befahren wie
unsere Autobahn. Die Ge-bühren betragen
umgerechnet keinen Euro, aber es gibt auf der
ganzen Strecke keine Dieseltankstelle. Im Notfall
muss man rechtzeitig abfahren und sich eine
Dieseltankstelle zu suchen. Wir haben uns aber vorgenommen nicht so
einfach durch den Iran zu fahren, ohne nicht
wenigstens einen klei-nen Abstecher in den
Süden zu machen. Wir können zwar nicht
wirklich dorthin fahren wo die interessantesten
Sehenswürdigkeiten des Iran liegen,
Persepolis zum Beispiel, die ehemalige Hauptstadt
des Perserreiches, aber ein Schlenker, nur etwa
200 Km reicht schon aus, um etwas über die
historische Bedeutung dieser Region. zu
erfahren. Wir fahren also in südlicher Richtung in
das Gebiet um den Takht-e Sulaiman. Auch die Strassen in den Süden sind gut,
nicht überall so breit, wie durch den
Norden, aber mindestens entspre-chen sie unseren
Landstrassen. Allerdings ist die Beschilderung
sehr dürftig, und wenn man ein Schild findet
ist es meistens in persischer Schrift.
Günter versucht durch Vergleich des
Schriftbildes auf den Schildern mit dem in seiner
Karte den Weg zu finden. Das erweist sich als
sehr ungenau mit dem Erfolg das wir uns
regelmäßig ver-fahren. Die Umgebung verändert sich, wird karger.
Die Sonne gewinnt deutlich an Kraft. 35 Grad
übersteigt unser Thermometer hier jeden Tag.
Aber wir wissen, dies ist erst der Anfang. Auch
die Menschen verändern sich, sie werden
deutlich dunkelhäutiger. Der Iran ist ebenso
wie der Irak und eigentlich alle Staaten hier in
Zentralasien durch die wir fahren werden von
großer ethnischer Vielfalt. Wald gibt es keinen mehr, aber Ackerbau wird
dennoch betrieben. Die Menschen wohnen in
einstöckigen Lehmhäusern. Die kleinen
Dörfer liegen da, wo sich schroffen
Flusstäler ein wenig weiten und Platz
machen. Hier, in diesen Oasen, wachsen auch
wieder hohe Bäume unter denen Schafe und
Rinder dicht gedrängt Schutz vor der
Mittagssonne Schutz finden. In kleinen Städten wird Handel und
Handwerk an den Strassen betrieben, wir sehen
eine Schule vielleicht gibt es auch Krankenhaus.
Auf jeden Fall können wir unseren
Wasservorrat auffüllen und Diesel
tanken. Immer, wenn wir in so einer Kleinstadt unser
Auto abstellen um uns etwas anzusehen oder
einzukaufen, ver-sammeln sich die Männer um
uns. Sie wollen sehen wie unser Auto eingerichtet
ist. Sie reden miteinander und lachen,
irgendeiner weiß immer etwas mehr als die
anderen und erklärt die Sachlage. Wir
verstehen natürlich kein Wort von dem was
sie sagen und über ein Hallo gehen ihre
Englischkenntnisse nicht hinaus. In Bukan überrascht uns die Dunkelheit.
In diesen Breiten ist die Dämmerung zwischen
Tag und Nacht deutlich kürzer als bei uns.
Um 8 Uhr wird es beinahe schlagartig dunkel.
Etwas außerhalb des Ortes suchen wir uns
auf einem abgeernteten Feld einen Platz für
die Nacht.
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Samstag 09.06.07 |
Weil wir abends früh Schlafen gehen,
können wir am nächsten Tag auch
früh aufstehen. Das erste
Frühstück lassen wir in der Regel
ausfallen, auch auf den Kaffee verzichten wir
sondern fahren erst mal ein oder zwei Stun-den.
Das mit dem Aufstehen und weiterfahren geht bei
uns sehr schnell und so verpassen wir prompt der
Ab-zweigung kurz hinter unserem Schlafplatz, was
wir natürlich noch gar nicht wissen
konnten. Nach einer Stunde ist es uns klar, wir haben
uns verfahren. Rechts von uns liegt ein Stausee
der hier laut Günter nichts zu suchen hat,
und hinter einer Kurve treffen wir unvermutet auf
eine Straßensperre. Diesmal allerdings
nicht von der Polizei, sondern vom Militär.
Polizeikontrollstellen gibt es viele, im Norden
deutlich mehr als weiter südlich, aber da
sie uns in Ruhe lassen und fast
ausschließlich an Lkws interessiert sind,
bemerken wir sie schon gar nicht mehr. Hier handelt es sich um eine
Militärabsperrung. Wir dürfen nicht
weiterfahren. Warum wissen wir nicht aber die
Soldaten lassen nicht mit sich diskutieren. Ein
Mann in Zivil, aber scheinbar der Vorgesetzte der
Truppe hier, erklärt uns den Weg richtig,
aber wir können seine Kilometerangabe nicht
verstehen. Wir deuten seine Gesten als 20
Kilometer wo er eigentlich 50 meinte. Also drehen
wir um und biegen nach 20 Kilometern in die
nächste Seitenstraße ein. Der Weg
endet in einem Dorf. Wir stehen ziemlich
unschlüssig herum, als aus einer
Bäckerei ein Bäcker in weiß auf
uns zu kommt und uns einen Arm voll mit diesem
leckeren Fladenbrot schenkt. Wir nut-zen die
Gelegenheit nach dem Weg zu fragen und die
Bäcker, die schon alle aus dem Laden
herausgekommen sind weisen uns eindeutig
zurück. Also das Fladenbrot gut verstaut, damit es
nicht im Wagen zerbröselt, denn essen
können wir diese Menge nicht, und
zurück zur Straßensperre. Dort ist man erstaunt dass wir schon wieder da
sind. Der Vorgesetzte wird auch gleich etwas
ungeduldiger und als ihm schließlich klar
ist, dass wir einfach nicht verstehen geht er in
das Wachgebäude, holt seine Tasche und
steigt bei uns in das Auto. Ich vermute, er nutzt
die Gelegenheit und macht einfach früher
Feierabend. An der Abzweigung erkennen wir unseren Fehler.
Vier Stunden umsonst durch die Gegend
gekurvt. Der Soldat steigt aus, er will weiter nach
Bukan. Wir wollen ihn heimfahren, aber er winkt
ab. Er wird sich an die Strasse stellen und das
nächste Auto in seine Richtung wird anhalten
und ihn für den üblichen Obolus
mit-nehmen. So funktioniert das hier auf dem Land
ebenso wie in den großen Städten im
Norden. Sehr praktisch. Wir fahren noch ein Stück und machen
erstmal Kaffe in einem breiten Tal mit schmalem
Flusslauf. Es gibt noch eine halbe Melone von
Gestern. Das Fladenbrot ist längst hart und
ungenießbar. Um 13:15 sind wir am Ziel. Das Land ist
unvermittelt angestiegen, Mehrere Pässe
mussten wir überqueren, der höchste lag
auf 2332 Meter, aber auf gleichbleibend guter
Straße. Auf einer der langgezogenen
Steigungen hatte ich eine Schrecksekunde. Im
Rückspiegel sehe ich wie dicke, schwarze
Russschwaden aus meinem Auspuff gestoßen
werden. Wenn der Motor jetzt schon
verreckt? Aber ein Blick nach vorn beruhigt mich: alle
Dieselfahrzeuge die unter Last den Berg hinauf
schleichen ziehen eine schwarze Fahne hinter sich
her. Das ist eben kein V-Power und auch nicht der
gute Eurodiesel, den ich da in meinen Tank
fülle, sondern mit anderen Worten der letzte
Dreck. Takht-e Sulaiman, was übersetzt etwa
Thron des Salomon heißt, befindet sich in
einer Vulkanlandschaft. Einer der erhaltenen aber
erloschenen Vulkane ragt über 100 Meter
kegelförmig aus der Landschaft heraus. Er
besteht aus hartem Lavagestein auf dem er recht
leicht zu besteigen ist. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass
man bereits über 2000 Meter hoch ist und die
Sache nicht ganz so schnell und unüberlegt
angehen wie ich. Möglichst auch nicht wie
ich in leichten Sandalen und vielleicht doch auch
eine Flasche Wasser und irgendeine Kopfbedeckung
mitnehmen. Der Blick über den Kraterrand ins Innere
fällt mir nicht leicht. Die Innenwände
bilden einen kreisrunden Schlot mit etwa 50
Metern Durchmesser und fallen wieder
schwindelerregende 100 Meter senkrecht in die
Tiefe. Ganz unten steht Wasser und bildet einen
ebenso runden See. In Sichtweite des Vulkans lag ein weiterer
Vulkan, dessen Kraterwände schon vor sehr
langer Zeit abgetragen wurden. Um den kreisrunden
See haben sich schon in frühester Zeit
Menschen angesiedelt. Die Mauer um die gesamte
Anlage mit dem See im Mittelpunkt ist gut
erhalten, zum Teil mit Hilfe der UNESCO wieder
aufgebaut. Die Achämeniden, 500 v.Chr.,
bekannt ist vielleicht der Name eines Ihrer
Könige: Kyros, haben den Hauptbe-standteil
der bis heute erhaltenen Reste der Anlage
erbaut. Frühere Teile gehen auf die Hethiter, 16.
Bis 12. Jahrhundert v.Chr. zurück, aber
bereits die Elamiter aus dem alten Testament 4.
Bis 1- Jahrtausend v.Chr. haben diesen Ort als
heiligen Ort verehrt. Später, im 2. Jahrhundert n.Chr. kamen
die Sassaniden, Feueranbeter und Anhänger
der Religion des Zoroaster oder Zarathustra wie
die Griechen ihn nannten, hinzu. Übrigens
eine Religion die seit der Zeit der
Achämeniden bis heute von Nordindien
über den Iran bis Turkmenistan ausgeübt
wird. Zuletzt haben die Mongolen die Gemäuer
als Karawanserei auf dem Handelsweg der
Seidenstrasse genutzt, womit wir wieder zu
unserem Thema kommen. Alle diese Leute haben sich irgendwo in diesen
Gemäuern verewigt indem sie Teile angebaut
oder umgebaut, erweitert oder zweckverändert
haben. Heute ist sie zu Recht Bestandteil des
Weltkulturerbes. Deswegen könnt ihr sie
vielleicht auch in Google Earth finden:36,37 Grad
Nord, 47,12 Grad Ost. Das Beste aber ist: erst einmal an der Kasse
den Eintritt bezahlt, habt ihr alles für
euch alleine. Keine Reisebus-se, keine anderen
Touristen, keine Absperrungen, keine
Verbotsschilder, keine Aufpasser aber auch keine
Hin-weisschilder oder Erläuterungen, die
müsst ihr eurem Reiseführer
entnehmen. Ihr könnt ungestört durch den
Feuertempel, über die alte Stadtmauer durch
die Speichergebäude streifen immer mal
wieder eine der zahlreichen Tonscherben aufheben,
in der Hand halten aber nicht im Entfernten daran
den-ken eine mitzunehmen. Werdet ihr damit an der
Grenze entdeckt kommt ihr unweigerlich in den
Knast. Nicht nur im Iran, sondern auf jeden Fall
auch in Turkmenistan. Ihr könnt euch aber ungestört auf
den erhobenen Stein am Seeufer stellen von dem
aus die Könige zu ihren Ed-len gesprochen
haben und euch vorstellen: genau hier hat
vielleicht mal König Kyros selbst gestanden,
oder später vielleicht auch Alexander der
Große, nachdem er 333 die Achämeniden
besiegt hatte. Keine Autobahn, kein Fluglärm, nichts
wird euch in euren Betrachtungen stören. Nur
der beständig wehende Wind trägt hin
und wieder das Geschrei der Lämmer die sich
an der Außenseite der Mauer in den Schatten
drän-gen zu dir herüber. Günter ist ganz in seinem Element.
Längst hat er alles aus jeder Perspektive
fotografiert, auch weiter hinten, da wo einige
Männer in weißen Overalls mit
Ausgrabungen beschäftigt sind hat er keine
Probleme. Ich bin Über-zeugt, seine
usbekische Kopfbedeckung ihm dabei hilft bei
Leuten islamischen Glaubens sofort Vertrauen zu
gewinnen. Wir müssen weiter. Die nächste
Strecke führt durch ein karges Gebirge
zurück in den Norden. Die Strasse ist gut,
aber es gibt keine Begrenzung und keine
Reflektoren. In der Nacht möchte ich nicht
hierher herfahren müs-sen. Die Beschilderung
ist schlecht aber Günter meint immer es gibt
hier keine Möglichkeit mehr sich zu
verfah-ren. Er hatte Recht. Irgendwann entdecke ich einen alten
amerikanischen Straßenkreuzer im
Rückspiegel. Im Iran sieht man solche
Fahrzeuge, noch aus der Zeit des Shahs,
häufig. Er ist sicher schneller als wir,
macht aber keine Anstalten zu überholen.
Fährt mal ganz dicht auf, lässt sich
dann aber weit zurückfallen. Die Männer
im inneren machen auf mich keinen besonders
vertrauenswürdigen Eindruck, zerzauste
Haare, dichte Bärte. An den Baustellen, die jetzt kommen sind wir
im Vorteil Ich brauche nicht mit dem Tempo
runterzugehen, auch wenn Günter mich daran
erinnert, dass wir mit dem Auto noch nach Peking
wollen und vielleicht auch noch zurück. Der
Schlitten hinter uns muss bei jeder Baustelle
abbremsen, holt danach aber schnell wieder
auf. Jetzt überholt er, fährt vor uns
ganz nach rechts auf den Schotterstreifen,
hält an und der Fahrer winkt aus dem Fenster
wir sollen stehenbleiben. Was jetzt. Auf den Standstreifen fahren oder
einfach weiterfahren? Wir bleiben auf der Strasse
stehen, Motor läuft, Fenster und Türen
zu und abgeschlossen. Die hintere Tür des Autos öffnet
sich, eine Frau mit langem Gewandt und Kopftuch
steigt aus, läuft auf uns zu und klopft
lachend an Günters Fenster. Der kurbelt runter. Hallo sagt sie und weiter auf Englisch Wie
geht es euch? Ich hab hier ein Geschenk für
euch. Sie reicht Günter ein kleines
grünes Buch in Taschenbuchformat. Ich frag
schnell ob ich ein Foto von Ihr machen
könnte, obwohl man iranische Frauen nicht
fotografieren soll. Natürlich sagt
sie. Ich mache das Foto, sie läuft winkend
zurück zu dem Auto, jetzt winken alle aus
den Fenstern und fahren weiter. Was war das für ein Buch? Tja, wir
dachten zuerst es muss sich wohl um den Koran
handeln. Aber das Buch enthielt des
Mathäusevangelium auf Englisch und Persisch.
Die Leute in dem amerikanischen
Straßenkreuzer sind armenische
Christen. Wir treffen wieder auf unsere Transitstrecke
ca. 490 Kilometer vor Teheran. Die
Autobahngebühr beträgt 6500 Wichtig
ist: im Iran gibt es zwei Währungen, den
Rial und eine alte, den Tuman. Es gibt aber nur
Rial-Scheine. 1000 R sind 100 T. Durch die
Einkäufe haben wir gelernt, dass die Leute
wenn sie 5000 sagen 5000T meinen und 50000R
wollen. Das überlasse ich Günter. Der Mann
an der Autobahnzahlstelle sagte 5000 Günter
gab 50000R. Falsch. Der Mann meinte Rial wie in
staatlichen Behörden allgemein üblich.
Hätte also 5000R bekommen sollen. Da aber
auch hier wie beim Diesel gilt, dass du als
Ausländer das Doppelte zahlen musst von dem
was die Einheimischen zahlen müssen, wollte
unser Kassierer 10000R obwohl auf der Anzeige
5000 stand. 9000R entsprechen einem US$. Also:
Überlassen wir das besser
Günter. Wir übernachten auf einer
Autobahnraststätte, es gibt nur Stehklos,
aber sauber, das Essen ist gut und billig, die
Bedienung sehr zuvorkommend. Nach dem Essen, für uns noch etwas
ungewohnt: vor unserem Auto hat jemand seinen
Gebetsteppich ausgebrei-tet und betet. Wir warten
bis er fertig ist und suchen uns hier auf der
Raststätte einen guten Standplatz.
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Es gibt kein Diesel an der Tankstelle. Am
nächsten Morgen müssen wir die Autobahn
an der Ausfahrt Takestan verlassen. Tankstellen
entdeckt man in der Regel an langen Schlangen
wartender Autos. Häufig handelt es sich
dabei um Pkws oder kleinere Lkws. Viele
Toyota-Kleinlaster gibt es hier. Die fahren mit
Benzin und werden für kleinere Transporte
angeheuert. Die Dieselsäulen sind in der Regel frei,
allenfalls ein oder zwei LKW, so dass man keine
langen Warteschlangen hat. Diesmal Tanken wir
vorsichtshalber zwei Ersatzkanister voll. Damit
fährt man viel entspannter und fängt
nicht schon nach dem halben Tank das Suchen nach
einer Dieseltankstelle an. Wir kommen durch Qazrin. Orte an den
Landstrassen im Norden des Iran muss man langsam
anfahren. Immer sind sie durch Drempel, wie die
Holländer sagen, vor Rasern abgesichert.
Solche Hindernisse erstrecken sich über die
gesamte Fahrbahnbreite. Man erkennt sie daran,
dass sich der Verkehr vor ihnen kurzfristig
aufstaut. Ist man alleine auf der Fahrbahn und hat nicht
jemanden wie Günter dabei, der die
entsprechenden Verkehrs-schilder im Auge hat,
kann man sie leicht übersehen und wird dann
von so einem Drempel knallhart erwischt. Meist
sind sie sinniger Weise mit
Polizeikontrollstellen kombiniert. In Qazrin entdeckt Günter sofort den
Eingang zum Bazar. Wir suchen einen Parkplatz und
gehen mal hin. Tat-sächlich ein sehr
großer, gut ausgebauter Bazar. Die
schönsten Motive für Günters
Kamera. Noch nicht gefrühs-tückt? Kein
Problem. Selbst zu früher Stunde kann man
viele leckere Sachen essen. Hier, diese
Garküche bietet das beliebte Essen aus
Hammelkopffleisch an. Das Fleisch wir vom Kopf
abgekocht und dann leicht angebraten. Den
Gästen serviert man dazu kleines rundes
Fladenbrot und Gemüse nach Wunsch. Gegessen
wird es wie die original Pekingente: Etwas von
dem Fleisch auf das Brot, Gemüse wie
gewünscht dazu, das ganze zusammenrol-len
und essen. Dazu wird grüner Tee getrunken.
Für uns noch etwas früh für
solchen Schmaus. Mit rohem Grün-zeug bin ich
sowieso etwas vorsichtig. In einem Laden kaufen wir uns zwei
traditionelle Hosen. Wir schauen uns so um und
Günter fragt nach dem Preis. Der junge
Verkäufer druckt 5000 auf seinen
Taschenrechner. Wir kaufen zwei Hosen, bezahlen
10000, also etwas weniger als einen Euro und
verlassen den Laden. Der Verkäufer kommt uns
nachgelaufen und reicht Günter 5000
zurück. Warum? Der Händler erklärt
gebärdenreich und Günter versteht: Der
meinte beide Hosen für 5000. Weiter geht die Fahrt zurück auf die
Autobahn und gegen Abend erreichen wir
Teheran.
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Sonntag 10.06.07![]() ![]() ![]() |
Teheran ist die Hauptstadt des Iran. Die Stadt
hat 12 Millionen oder aber nur 10 Millionen
Einwohner, je nachdem welchen Reiseführer
man aufschlägt. Jedenfalls ist sie die
größte Stadt des Iran und soll sich
durch besonders chaotischen Straßenverkehr
auszeichnen. Darum jetzt noch ein paar Besonderheiten im
Straßenverkehr: Kreisverkehr kennen die
Iraner schon länger als wir. Besonders in
den Städten. Was man aber unbedingt wissen
muss: auch beim Einfahren in den Kreisverkehr
gilt hier die Regel Rechts vor Links. Also
keinesfalls hat der, der sich im Kreis befindet
Vorfahrt, sondern immer der, der in den Kreis
hineinfährt. Das heißt aber nicht, dass die Fahrzeuge
im Kreis stehenbleiben, wenn ihr von rechts in
den Kreis hineinfahren wollt. Angehalten wird nur
im äußersten Notfall. Es wird
abgebremst und von Dir erwartet zügig in den
Kreis einzufädeln. Das schlimmste Vergehen
eines Autofahrers ist die Unterbrechung des
fließenden Verkehrs. Das gilt vor allem auch im Verhältnis
Autofahrer – Fußgänger. Als
Fußgänger betritt man die Fahrbahn
sobald die äußerst rechte Spur eine
Lücke zwischen den Autos entstanden ist.
Dann zügig weitergehen, der Autofahrer in
der zweiten Spur wird in die Lücke der
ersten Spur wechseln. Auch in der dritten Spur
wird sich eine Lücke finden, wenn der
Autofahrer in eine andere Spur wechseln kann.
Kann er nicht, muss der Fussgänger auf
seiner Position verharren, bis sich eine
Lücke findet. Ich habe natürlich am ersten
Zebrastreifen angehalten um einen
Fußgänger, der sich bereits auf der
Strasse befand, über die Strasse zu lassen.
Prompt wich der erschrockene Fussgänger
zurück, an den Straßenrand. Die Autos
hinter mir quittierten mein Fehlverhalten mit
einem lauten Hupkonzert. Nach meiner Erfahrung klappt das Autofahren am
besten, wenn ich nicht in den Rückspiegel
schaue sondern mich ausschließlich nach
vorn orientiere. Alles was sich vor mir abspielt,
sicherheitshalber noch die Autos die neben mir in
Sichtweite auftauchen, berücksichtige ich
für mein Fahrverhalten. Nichts anderes
machen die Autos vor mir auch. Wenn sie die Spur
wechseln wollen blinken sie oder auch nicht, sie
wechseln einfach und ich muss das rechtzeitig
erkennen und ebenfalls die Spur wechseln,
langsamer werden oder noch möglichst schnell
auffahren und die Lücke vor mir
schließen. Mit anderen Worten es wird immer und
überall gedrängelt Aber das Schöne
dabei ist: der Verkehr fließt. Blinkende Ampeln kennt man hier auch. Bei uns
werden Ampeln vor allem in der Nacht, wenn die
Strassen leer sind abgeschaltet. Dann blinkt die
Ampel gelb auf der Seite die Vorfahrt achten
muss. Hier werden Ampeln vor allem wegen zu hohen
Verkehrsaufkommens in der Stadt abgeschaltet.
Dann blinken die Ampeln auf der Vorfahrt
berechtigten Seite gelb, auf der Vorfahrt achten
Seite blinken sie rot. Man erkennt: im Iran setzt
man zumindest im Straßenverkehr auf
Selbstregelung und Eigeninitiative. An vielen großen Kreuzungen gibt es
neben der Ampel ein besonderes Schild, auf dem in
großen Leuchtziffern die Sekunden der
jeweiligen Ampelphase von 70, 60 oder 40
zurückgezählt werden. Die Polizei kann
auch direkt die Ampelanlage steuern. Dann
erscheinen auf den Leuchtziffernschildern statt
einer Zahl die Buchstaben PO. Manchmal ist es schon seltsam wie
unterschiedlich, ja geradezu gegensätzlich
die Philosophie ist. Hannah, meine Tochter, hat
im letzten Jahr mit 17 ihren Führerschein
gemacht. Bis zu ihrem 18. Geburtstag durfte sie
nur in Begleitung bestimmter dazu berechtigter
Personen ans Steuer. Auch im Iran kann man bereits mit 17 den
Führerschein machen, darf aber im ersten
Jahr nur alleine, ohne Mitfahrer selbst
fahren. Das Taxifahren im Iran habe ich schon mal
angedeutet. Jeder kann mit seinem Auto andere
Personen gegen Geld transportieren. Ich
weiß nicht wie die Preise vereinbart werden
oder ob es einen bestimmten Satz gibt aber es
geht sehr schnell. Steht jemand am Rande der
Fahrbahn auf der Strasse, will er mitgenommen
werden. Ein Autofahrer, der dazu bereit ist hält
an, der Kunde steigt ein und los geht’s.
Von langen Preisverhandlungen habe ich nichts
bemerkt. Zu den Zeiten an denen viele Berufspendler mit
dem Bus in der Stadt eintreffen sammeln sich an
den Bushaltestellen viele solcher Privattaxis.
Sie bilden dichte Trauben um diese Haltestellen,
warten auf Passagiere in die Stadtmitte und
stellen dabei die halbe Fahrbahn zu. Ihr
ständiges Ankommen und Abfahren geschieht
für uns unvermittelt. Am besten man
fährt nicht auf der äußerst
rechte Spur. Wir erreichen Teheran am frühen
Nachmittag. Günter hat in Tabris vom
Augenarzt die Auflage bekommen in Teheran noch
mal einen Arzt aufzusuchen. Sein Auge ist nicht
viel besser geworden. Also fahren wir gleich
mitten in die Stadt hinein und beginnen uns
durchzufragen. Schließlich parken wir vor
einem Kiosk und es dauert nicht lange, ein Iraner
kommt auf uns zu und fragt auf Deutsch ob er
irgendwie helfen kann. Er erklärt Günter wo das
nächste Ärztehaus ist und wie der
Augenarzt heißt. Günter macht sich auf
den Weg. Der Iraner entpuppt sich als Exiliraner,
der seit zwanzig Jahren in München lebt und
wegen einer Erbschaftsangelegenheit einen
längeren Aufenthalt in Teheran hat. Er wohnt
in dem Hotel vor dem wir zufällig gelandet
sind und bietet seine Hilfe an. Während Günters Abwesenheit sitze im
Bus und koche Kaffe. Es dauert nicht lange, ein
Uniformierter erscheint und will irgendetwas von
mir. Wir können uns nicht verständigen.
Schließlich kommen drei junge Leute hinzu
und übersetzen ihn Englische. Der
Uniformierte ist hier in dieser Strasse
Parkwächter und muss von den Autofahrern die
hier stehen wollen eine Parkgebühr
kassieren. Ich lasse ihm erklären, dass ich
leider kein Geld habe, mein Freund sei mit dem
Geld ins Krankenhaus gegangen und wir müssen
auf seine Rückkehr warten. Der
Parkwächter sagte mir er sei in einer Stunde
zurück und würde dann
kassieren. Inzwischen hatte sich der Exiliraner
selbständig auf den Weg ins Krankenhaus
gemacht um nachzusehen wo Günter so lange
bleibt. Unser Iraner kennt den Augenarzt
persönlich. Im Krankenhaus sorgt er
dafür, dass Günter sofort an die Reihe
kommt, obwohl noch jede Menge Patienten vor ihm
dran sind. Zweiklassenmedizin auf Iranisch. Die
Behandlung kostet umgerechnet knapp 10 US$.
Zuzüglich der 2US$ für die neuen
Medikamente. Eben kommen die beiden zurück,
eine Schweizerin im Schlepptau. Lilian ist in
Asien mit dem Motorrad unterwegs. Mit ihrem Vater
hinten auf dem Soziussitz. Sie werden noch ein paar Tage in Teheran
zubringen bis sie die Visa für Turkmenistan
besorgt. Wenn das nicht klappt, wollen sie
Richtung Pakistan. Das ist der Nachteil oder
Vorteil, wenn man sich die Visa unterwegs
besorgt. Man muss/kann einen längeren
Aufenthalten einlegen, und unter Umständen
ganz umdisponieren. Ich beobachte schon seit längerem zwei
Jungen, unter 18 vor dem Hotel. Hin und wieder
sprechen sie gleichaltrige junge Passanten an,
zeigen ihnen etwas verdeckt in ihrer Hand, gehen
ein Stück mit ihnen, verhandeln scheinbar
und manchmal wechselt irgendetwas den
Besitzer. Als sie bemerken, dass ich sie beobachte
kommen sie zu mir ins Auto und zeigen mir womit
sie handeln. Es sind Päckchen mit
Spielkarten. Ich hole meine eigenen Karten heraus
und wir vergleichen die Bilder und Symbole. Der
Parkwächter kommt zurück und
während ich ins Kaffee gehe um von
Günter Geld zu holen sitzen die Drei im Auto
und beschäftigen sich mit den
Spielkarten. Zwei weitere Schweizer finden sich im Hotel
ein: Kurt und Nathalie. Sie sind mit dem Fahrrad
unterwegs. Beide nur etwas jünger als Günter
und ich, haben ihren Job gekündigt um diese
Reise, Ende offen, durchführen zu
können. Abends fahren wir alle mit dem Taxi in den
Norden in ein Armenisches Restaurant und essen
sehr gut wenn auch eigentlich zu teuer für
unseren Etat. Von den vielen Dingen über die wir nach
dem Essen so gesprochen haben muss ich noch eines
erwähnen. So zu sagen ein Nachtrag: Seit
Mitte Türkei schon kann man auf den Weiden
in Straßennähe große, zottelige,
verwahrloste Hunde herumstreunen sehen. Nicht
selten in kleineren Rudeln. Manchmal laufen sie
bellend auf die Strasse und hinter den Autos her.
Hin und wieder erwischt es einen dabei. Nicht
wenige bleiben dann tot am Straßenrand
liegen. Für uns stellen diese Tiere kein
großes Problem dar. Aber sowohl die
Motorradfahrer und ganz besonders die
Fahrradfahrer berichten von unschönen
Zusammentreffen mit diesen Kötern, und haben
vor ihnen zu Recht großen Respekt. Wer die Reisen der Schweitzer verfolgen will,
kann das im Internet tun: www.lilianmoro.blog.ch
die Motorradfahrer und www.Kuna-tour.ch
die mit ihren Rädern unterwegs sind.
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Montag 11.06.07![]() ![]() ![]() |
Was sich in Teheran unserer Meinung nach zu sehen
lohnt darf nicht fotografiert werden. Da
fällt die Entscheidung leicht am
nächsten Morgen unseren Abstecher ans
Kaspische Meer zu unternehmen. Wir verlassen heute 7:00 Uhr, bei 23 Grad und
strahlendem Sonnenschein, was anderes gibt es
für uns gar nicht mehr, Teheran. Die kürzeste Transitroute nach China
führt von Teheran über Autobahn und
gute Landstrassen direkt ins 650 Kilometer
entfernte Mashhad. Wir verlassen hier dies Route, die wir unter
uns bereits nur noch `die Seidenstrasse` nennen
und begeben uns nach Norden um zu sehen, ob die
Iraner so etwas wie eine Strandkultur
haben. Durch das schroffe Gebirge nördlich von
Teheran, wo auch Wintersport möglich sein
soll, mit viel Staub, viel LKW und große
Hitze kommen wir nach Mahmudabad ans Kaspische
Meer. Und an den nächsten öffentlichen
Strand. Und sofort stellen wir gemeinsam fest:
die Iraner haben keine von uns wahrnehmbare
Strandkultur. Der öffentliche Strand nimmt sofort jede
Lust am Baden, wir steigen lediglich fürs
Foto in die Fluten. Günter meint, wir seien
auf der öffentlichen Müllkippe
gelandet. Und das, obwohl wir eigentlich die
Meinung vertraten, der Iran se, gemessen am
südlichen Europa, geradezu vorbildlich
sauber. Iranische Familien am Meer. Dass sieht so aus.
Die Männer in dunklen Hosen und weißen
Hemden, die Hosen-beine bis kurz unter die Knie
hochgekrempelt, Schuhe aus aber bitte die Socken
anlassen. Fersen haben traditio-nell etwas
Aufreizendes. Sie müssen verdeckt
bleiben. Frauen können einem spätestens jetzt
Leid tun und nur die kleinen Kinder haben
wirklich Spaß am Wasser. Etwas weiter abseits tummeln sich
tatsächlich ein paar junge Männer in
kurzen Badehosen im Wasser, nicht anders
angezogen als wir es gewohnt sind. Also ziehen
auch wir unsere Badehosen an und ich muss
feststellen: ich habe meine vergessen. „
Hast wohl selbst deine Klamotten gepackt“
Günters Spott muss man abkönnen
„und was machst du wenn wir übermorgen
nach Mallorca fliegen?“ Aber irgendeine Hose tut es hier ja auch.
Schließlich sind wir im Iran! Das Wasser ist angenehm warm, weniger salzig
als unsere Ostsee. Auch der Seegang lädt
eigentlich zum länge-ren Verweilen ein. Aber
es fehlt einfach das Ambiente: halbwegs sauberer
Strand, Leute beim Sonnenbaden, Ballspielen,
Sandburgen bauen; oder ein völlig leerer
sauberer Strand. Kurz, uns kann das hier nicht
locken. Am Nachmittag fahren wir noch eine ganze Weile
an Feriendörfern gehobener Qualität
vorüber, direkt am Strand gelegen. Sie
könnten so auch in Spanien oder Italien
stehen. Für Unbefugte sind sie durch eine
bewachte Schranke gesperrt. Nehmen wir also einfach an, dass der Strand
hinter solchen Anlagen vielleicht doch etwas eher
unseren Vorstel-lungen entspricht. In Behshahr machen wir eine kleine Pause.
Autowerkstätten und Tankstellen gibt es im
ganzen Norden des Iran entlang der Fernstrassen
genug. Aber manchmal scheinen es die Iraner damit
doch ein wenig zu übertreiben. So fährt man immer mal wieder durch
Dörfer in denen sich die
Autoreparaturwerkstätten sammelt. Eine
Doppel-garage an der anderen jede eine
selbständige Autowerkstatt. Dahinter eine
zweite und dritte Reihe. Vor jeder dieser Werkstätten stapeln sich
alte LKW-Reifen. Motorteile, ganze Motoren und
Getriebe zum Aus-schlachten. Die Luft ist
dieselgetränkt, der Boden in weitem Umkreis
ölverseucht. Nach deutschem Maßstab
Millionen Tonnen Sondermüll Aber die
Menschen leben hier. Kinder gehen zur Schule,
Frauen gehen zum Markt, Männer hocken neben
Ölpfützen und trinken Tee. Die Iraner müssen schon gute
Automechaniker sein. Das Embargos gegen Ihr Land
zwingt sie dazu die alten Lastwagen gut zu warten
und möglichst lange fit zu halten. Wir übernachten auf dem Parkplatz einer
Raststätte bei Ali Abad. Es gibt saubere
Stehklos und Wasch-gelegenheit im Freien. Wer`s
braucht findet auch Gebetsräume getrennt
nach Geschlechtern. Nachts hält einmal ein
Polizeiauto neben uns, es steigt aber niemand aus
und nach wenigen Minuten fahren sie
weiter.. Tagsüber ist es jetzt schon so warm, dass
unser Auto auch in der Nacht kaum abkühlt
und wir nicht wirklich gut schlafen.
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Dienstag 12.06.07![]() ![]() |
Die Hitze steht im Auto, aber wir wagen noch
nicht mit offener Türe irgendwo im Auto zu
übernachten. Um 4:30 aufstehen, um 4:45
losfahren, wie gewohnt. Ich hab noch mal eine
Straßenaufnahme am frühen Morgen
gemacht, damit ihr seht, wie gut die hier
sind. Wir fahren durch einen fruchtbaren Landstrich.
Ausgedehnte Getreidefelder beiderseits der
Strasse. Irgendwo hinter Ali Abad stehen
große, neue Getreidesilos. Lange Schlangen
Lkws, hoch voll mit Getreide, warten auf die
Abfertigung. Wir halten an, um Fotos zu machen.
Das war ein Fehler! Wirtschaftliche,
wissenschaftliche, Militä-rische Anlagen
sowie Gebäude mit hohem öffentlichen
Interesse dürfen im Iran nicht fotografiert
werden. Schon kommt irgendein Offizieller mit strenger
Mine über die Strasse und macht uns
unmissverständlich klar, dass wir das
Fotografieren unterlassen sollen und sofort
weiterzufahren hätten. Wir sind noch mal glimpflich davongekommen. Er
hätte von uns den Film aus Günters
Kamera verlangen können. Das Land steigt langsam an, die Felder weichen
einem dichten Laubwald der sich etwa 30 Kilometer
hinzieht, dann wird er allmählich lichter,
die Berge schroffer. In 1800 Metern Höhe
geht die Landschaft in Wüste über. Das
Außenthermometer zeigt 47 Grad an, Zeit
für einen Stop in einem Rastdorf. Am Nachmittag erreichen wir Mashhad, die
letzten 100 Kilometer über die Autobahn. In
Mashhad hatten wir bereits für die Visa ein
Hotelzimmer gebucht, weil wir aber einen Tag
früher in Mashhad eintreffen als eigentlich
beabsichtigt buchen wir unser Zimmer für
einen weiteren Tag. Das Zimmer kostet 55 Dollar.
Nicht gerade billig, aber Mashhad ist ein
Wallfahrtsort. Hier ist die Grabstätte des
neunten Imam Ali. Immer befinden sich Pilger hier
und günstige Hotelbetten sind rar. Die viele Pilger machen die Stadt reich. Das
spürt man auch an den Preisen die hier um
einiges höher sind als in anderen
Städten des Iran.
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Mittwoch 13.06.07![]() ![]() ![]() |
Mehr als in anderen Städten fallen mir hier
in Mashhad die vielen verschleierten Frauen in
den Strassen auf. Jeder weiß, dass die
Frauen im Iran ihre Wohnung nur verschleiert
verlassen dürfen. Also sieht man in der Öffentlichkeit nur
verschleierte Frauen. Die allermeisten von Ihnen
tragen ein schwarzes Gewandt das sie von Kopf bis
Fuß bedeckt. Sie halten es unter dem Kinn
zusammen oder verdecken gar ihren Mund damit.
Noch dazu hat Günter festgestellt, dass die
Frauen hier deutlich kleiner sind als die
iranischen Männer. Stimmt, jetzt wo ich
darauf achte, muss ich zustimmen: iranische
Frauen sind deutlich kleiner als iranische
Männer. Die älteren Frauen wirken scheu,
drücken sich in irgendwelche Strassen oder
Hauseingänge hinein, wenn sie alleine einem
Ausländer begegnen, oder suchen Begleitung
anderer Frauen, dann gehen sie schnell, geduckt
weiter. Die Jüngeren wirken eher
selbstbewusst, machen auf mich oft einen
intellektuellen Eindruck, sind un-nahbar, fast
schon arrogant die Art wie sie weggucken und die
Richtung wechseln, wenn man plötzlich
unerwartet vor ihnen steht. Schon
seltsam. Dabei muss Frau nicht unbedingt von oben bis
unten in Schwarz eingehüllt gehen. Es geht
auch anders. Also sage ich mir, dass die Frauen
es auch irgendwie selbst in der Hand haben, wie
weit sie sich verstecken oder nicht. Auf dem Foto `wo zieht frau das an´
sieht man, dass der Verkäufer sogar der
Schaufensterpuppe die Waden mit Zeitungspapier
verklebt hat. Tatsache ist, dass im Iran viele
Aktivitäten ,die bei uns in Kneipen oder
Diskos stattfinden, privat durchgeführt
werden. Angeblich soll es auf solchen Feiern hoch
hergehen. Im Übrigen haben Günter und ich
gleichzeitig den Eindruck, wo Frauen in der
Öffentlichkeit arbeiten, sei es im Hotel, in
einer Raststätte oder auch beim Zoll, sind
sie es, die das Sagen haben. Was soll man dazu noch sagen? Ich glaube sie
werde das untereinander ausmachen. Irgendwelche
Tips von Außen sind da eher
hinderlich.
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